Klima, Corona – der Luftverkehr ist in der Defensive, um nicht zu sagen ganz offensichtlich ein beliebter Sündenbock. Die Folge: Die Luftfahrt droht in Europa und in der Schweiz gerade an die Wand gefahren zu werden. Umso wichtiger ist zu betonen: Der Luftverkehr ist ohnehin schon in einer historischen Krise. Die starken Einschränkungen des Reiseverkehrs, die der Bundesrat nun auf den 8. Februar hin noch verschärft hat, führen zu weiteren riesigen wirtschaftlichen und strukturellen Schäden, zunächst für die Reise- und Tourismusindustrie, verzögert aber für die ganze Volkswirtschaft.

Ein Beispiel für die teils bewusste, teils unüberlegte Schlechterstellung der Luftfahrt: Wer mit dem TGV aus Paris nach Zürich fährt, kann dies problemlos tun – er braucht keinen Testnachweis, auch wenn er stundenlang im Zug sitzt und sich in diesem wie auch an den Bahnhöfen frei und munter bewegen kann. Wer hingegen stramm in einem Flugzeug sitzt, von Paris nach Zürich fliegt und an den Flughäfen dank durchdachten Schutzmassnahmen gezielt geleitet wird, kann nicht ohne negatives PCR-Testresultat einreisen. Das ist absurd. Und es ist eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung der Luftfahrt. Die Einreise in der Schweiz aus Ländern und Regionen, die nicht auf der Liste der Risikoländer des BAG stehen, muss auch über den Luftweg ohne Test möglich sein.

Wir müssen dringend zu einem Umdenken kommen. Der Grundsatz kann nicht sein, die Risiken auf Null zu reduzieren und die Reisefreiheit zu sistieren. Der Ansatz muss genau umgekehrt sein – verantwortungsvoll, aber Perspektiven schaffend: Wir müssen grundsätzlich die Grenzen öffnen und dabei die Risiken minimieren, Reisefreiheit gewähren und die richtigen Schutzmassnahmen treffen.

Konkret muss insbesondere der Nachweis einer Impfung oder eines negativen Tests reichen, damit jemand ohne Einschränkungen reisen kann. Es ist nicht einzusehen, warum jemand in Quarantäne geschickt werden soll, der einen aktuellen negativen Covid-19-Test im Gepäck hat. So wird der Reiseverkehr abgewürgt – und mit ihm der Puls, der grosse Teile der Wirtschaft am Leben erhält, und damit auch uns.

Wir dürfen nicht vergessen: In China und in Australien ist der Inlandverkehr wieder auf Vorkrisenniveau, auch in den USA ist der domestic traffic eine Stütze. In Europa fällt diese komplett weg – wegen der rigiden Massnahmen und des Flickenteppichs aus national unterschiedlichsten Regelungen. Will Europa, will die Schweiz nicht jahrelang für diese selbstzerfleischende Kakofonie büssen, braucht es dringend Pragmatismus und Einheitlichkeit. Wir brauchen 98 % Sicherheit und eine Perspektive. Statt 100 % Sicherheit – und eine trostlose Sackgasse.

 

Andreas Schürer, Geschäftsführer Komitee Weltoffenes Zürich