Ein Toggenburger ist der höchste Ostschweizer Offizier. Divisionär Willy Brülisauer ist seit Mitte 2018 einer der höchsten Schweizer Militärs und steht als Kommandant der Territorialdivision 4 vor. Es sei ein absoluter Traumjob zum richtigen Zeitpunkt, findet er.

«Viele wollen Sicherheit, aber nur wenige sind bereit, etwas dafür zu tun». So wird Div Brülisauer im Ostschweizer Tagblatt zitiert. Seine Bereitschaft beweist er seit 1993 täglich. Schon sein Beruf als Vermessungszeichner verlangte Sicherheit, und früh schon schlug sein Herz für die Ausbildung von Menschen. Ausgebildet als Nachrichten Soldat diente er als Übermittlungs-Leutnant in der Stabskompanie des Radfahrer-Bataillons 5 von Major Ueli Maurer. 1993 übernahm er als Hauptmann die Führung der Stabskompanie des Radfahrerregiments 6.

Der Eintritt ins Instruktionskorps der Schweizer Armee war ein klares Ziel, die Ausbildungen zum Generalstabsoffizier und an der Militärakademie sowie die Aufnahme ins Instruktionskorps 1995 die logische Folge. «Berufsoffizier ist ein einmaliger Beruf», so Brülisauer. Von 1996 bis 1999 bildete er als Instruktor in den Panzer- und Aufklärerschulen aus. Dann folgte ein Einsatz im Projekt Armee XXI in der Ausbildungskonzeption der Höheren Kaderausbildung.

Ab 2001 wurde er Klassen- und Taktik-Lehrer an der MILAK, ab 2004 Gruppenchef und Stabscoach an der Generalstabsschule. 2007 absolvierte er den 18. Generalstabslehrgang an der Landesverteidigungsakademie des Österreichischen Bundesheeres in Wien. 2008 wurde er Stellvertretender Kommandant der Generalstabsschule, Kommandant des Stabslehrgangs II und Stabschef. Vier Jahre später wurde er Stellvertreter Chef Personelles der Schweizer Armee und Chef Steuerung und Vorgaben.

Gelb zu Grün und zurück zu Gelb

Als Generalstabsoffizier leistete Willy Brülisauer Dienst in der «grünen» Felddivision 7. Mit der Erfahrung als Kommandant des Radfahrer-Bataillon 6, nachher des Aufklärer-Bataillon 11 färbte sich gelb zu grün vorerst als Chef Operationen einer Infanterie-Brigade, später als deren Stabschef
im Range eines Obersten i Gst. Gelb aber überstrahlte grün: 2014 wurde Willy Brülisauer Kommandant der Panzer-Brigade 11 und zum Brigadier befördert und führte diese im Übergang zur Mechanisierten Brigade 11.

Die Leoparden und Eagles scheint er schon ein wenig zu vermissen, denn ein Gelber bleibt ein Gelber. Doch sie bleiben seine kombattanten Kameraden im Einsatz-Raum. So ist in seinem geräumigen Büro in St. Gallen auch die ganze Armee «präsent». Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit den Dienststellen in Österreich und Deutschland viermal im Jahr beurteilt er als exzellent. «Man kennt und schätzt sich gegenseitig.»

Gesucht: ein Divisionskommandant

Im Sommer 2018 wurde der vormalige Kdt Ter Div 4, Divisionär Hans-Peter Kellerhals, pensioniert, auch er ein ehemaliger Aufklärer und Kommandant der Panzer-Brigade 11. Der Armeeführung standen fünf kompetente Kandidaten als Nachfolger zur Verfügung. Willy Brülisauer war zwar jüngster Kandidat, aber mit einer bedeutenden Erfahrung in der Führung Grosser Verbände, mit der Basis von geschätzter und geachteter Zusammenarbeit mit Kantonsregierungen und mit respektierten internationalen Beziehungen.

Ihm als Ostschweizer, gebürtig von und wohnhaft in Nesslau, übertrugen Armeeführung und Bundesrat im Sommer 2018 das Kommando über die Terrtorialdivision 4. Kameraden attestieren ihm, dass er ein bescheidener Pragmatiker ohne Starallüren sei und kein betriebsblinder Verwaltungsgeneral.

Brülisauer kenne Land und Leute und die Ansprüche der Bevölkerung an die Armee. Das erfordert allerdings ein immenses Arbeitspensum von früh bis spät, meistens sechs Tage in der Woche, oftmals auch mit Sonntagsdienst. Da bleibt für den Toggenburger nicht viel Freizeit für geliebte
und gelebte Sportarten wie Fussball und Skifahren. Das übernehmen jetzt seine beiden Töchter. Und Willy Brülisauer meint bescheiden: «Meine Frau hält mir den Rücken frei.»

Die Territorialdivision 4

Sie umfasst das ganze Gebiet der sieben Ostschweizer Kantone, einen Sechstel des Schweizer Staatsgebietes, einen Drittel der Schweizer Bevölkerung mit einer Wirtschaftskraft von einem Drittel der Schweizer Brutto-Inland-Produktes. Div Brülisauer kommandiert nebst dem Stabsbataillon
zwei Infanterie-Bataillone, zwei Gebirgs-Schützen-Bataillone sowie ein Genie- und ein Rettungs-Bataillon.

Als Ansprechpartner der zugewiesenen Kantone ist die Zusammenarbeit mit den Kantonalen Verbindungsstäben Teil des Auftrags der Division. Ein Hauptauftrag ist die Grund- und Einsatzbereitschaft sowie die Mobilmachung der unterstellten Verbände sicherzustellen. Auch der grenzüberschreitende Kontakt zum Landeskommando Baden-Württemberg, zum Militärkommando Vorarlberg und zu den zuständigen Behörden des Fürstentum Liechtenstein ist Teil des Auftrags. Für Einsätze werden massgeschneiderte Einsatzverbände gebildet, deren Zusammensetzung auf die Erfordernisse des konkreten Auftrags ausgerichtet ist.

«Die Ter Div 4 ist der «Anker» der Armee in der Ostschweiz», ist ein Credo des Kommandanten. Das bewahrheitete sich erfolgreich in der ausserordentlichen Lage «Corona»: Rasche Mobilmachung und die Koordination von 80 Gesuchen sowie die Führung von verschiedenen Einsätzen. An einem Samstagabend spät bot er Teile des Milizstabes auf, am Sonntagmorgen 0800 war dieser einsatzbereit. «Eine Stärke unserer Miliz», betont Willy Brülisauer.

Das kommt auch in seinem Leitbild zum Ausdruck, welches er am Jahresrapport 2020 abgegeben hat: Verantwortung übernehmen, Sicherheit schaffen und Vertrauen gewinnen. Für ihn basiert Dynamik nicht nur auf moderner Ausrüstung, sondern vor allem auf Motivation und dem harten Training der Kader und Soldaten. Seine Leitlinien zur Führung sind Wertschätzung, Loyalität und Pflichtbewusstsein. Persönliches Vorbild und realistische Ziele entscheiden langfristig über Erfolg oder Misserfolg.

Willensstärke der Chefs und Kampfwille der Truppe seien entscheidende Voraussetzungen für den Erfolg im Gefecht. Und Kommunikation ist Kommandantensache: «Wir präsentieren der Bevölkerung unsere Leistungsfähigkeit bewusst und sympathisch.»

Wünsche

Willy Brülisauer hofft auf ein Umdenken in der Bevölkerung, dass diese den Sinn der Armee erkennt und damit den unschätzbaren Wert von Sicherheit. Besondere Anliegen sind ihm die personelle Alimentierung und die Vollausrüstung. Wünschbar erachtet er, dass Frauen an die Orientierungstage aufgeboten werden. «Es täte der Armee gut, wenn es mehr Frauen gäbe», ist er überzeugt. Und über allem steht das Ziel «keine Unfälle». Diesem Divisionskommandanten ist dies alles von Herzen zu wünschen. Die Ostschweiz und die Schweizer Armee dürfen auf ihren Zwei-Sterne-General stolz sein.

Seit 2018 hat Div Wily Brülisauer das Kommando über die Terrtorialdivision 4.