Gebaut 1943, fand die Piper Cub L-4 nach dem Zweiten Weltkrieg als HB-OCP eine neue Heimat am Flugplatz Ascona. Heute ist die Maschine nach fachmännischer Restaurierung wieder an ihrem angestammten Platz in einem Hangar im grenznahen deutschen Binningen stationiert.
Weil der deutsche Luftraum bis 1955 von den Alliierten noch mit starken Beschränkungen belegt war, konnten die deutschen Flieger in ihrem Heimatland keinen Flugzeugführerschein für den Motorflug erwerben oder erneuern. Vor diesem Hintergrund gewann Ascona mit seinem 1947 gebauten Flugplatz für Stars und Sternchen, die mit dem Flugzeug anreisten und sich in Ascona oder Locarno vergnügten, zunehmend an Bedeutung. Zu den bekannten Piloten, welche in Ascona ausgebildet wurden oder hier ihren Flugschein erneuert haben, gehören Herbert von Karajan, Richard Gruner und Heinz Rühmann. Heinz Rühmann verunfallte am 18. Mai 1952 zusammen mit Gisela Griffel in Ascona, als es zu einer Bruchlandung kam, bei der sich das Flugzeug auf den Rücken drehte. Die beiden Insassen wurden dabei nicht ernsthaft verletzt.
Chronik der HB-OCP
Die HB-OCP ist nach dem Zweiten Weltkrieg aus Beständen der US Army erworben worden und wurde dann am Flugplatz Ascona stationiert. Minutiös sind die Kontroll- und Revisionsarbeiten im Flugbuch eingetragen. So auch am 23. April 1949, als das Fahrgestell wegen einer Bruchlandung ersetzt werden musste.
1983 wurde der Oldtimer von Georg Schlatter aus Stein am Rhein erworben, einem passionierten Privatpiloten mit zahlreichen Lizenzen. Sein erster Flug mit der Neuerwerbung führte ihn am 6. August 1983 von Yverdon ins französische Habsheim.
1992 wurde das Flugzeug von Silvan Wild einer weiteren Grundüberholung unterzogen. Wild war damals in der Zweitausbildung zum Flugzeugmechaniker mit dem Ehrgeiz, besonders sorgfältig zu arbeiten. Entweder er hat sich zu jener Zeit bereits in die Maschine verliebt oder er hat seinen damaligen Ehrgeiz ins Unermessliche gesteigert: Zwischen November 2020 und Juni 2021 wurde die L-4 erneut in seine Hände übergeben. Im neuen FFA Museum in Altenrhein hat Wild die HB-OCP liebevoll und akribisch restauriert. Inzwischen steht der in strahlendem Gelb leuchtende Oldie wieder an seinem Standort in Binningen.
Lebensqualität zwischen Zelt und Flugzeug
Bis heute sind in den Flugbüchern der HB-OCP 8650 Stunden und 35 000 Landungen verzeichnet. Die schönsten Flüge sind für Besitzer Georg Schlatter jene zu besonders einsamen Gebirgslandeplätzen in Frankreich, «verbunden mit einem opulenten Nachtessen zwischen Zelt und Flugzeug an einem langen, warmen Sommerabend – und einem Glas Rotwein», wie er erzählt. Georg Schlatter und seine HB-OCP wären gern gesehene Gäste an Schweizer Flugplätzen. Doch: «Oldtimer-Treffen sind nicht mein Ding – ausserdem bin ich ab Ende August bis Mitte Dezember in Afrika engagiert – vorausgesetzt, der Einsatz wird nicht, wie alle andern seit März 2020, wegen der Pandemie abgeblasen», hofft Schlatter.